„Johnny und Jean“ von Teresa Präauer

deep read_Johnny und JeanEin schönes Bonbon, wenn man nicht nur Schriftstellerin, sondern auch Malerin ist: Man kann seine Buchcover selbst gestalten! So wie die Österreicherin Teresa Präauer bei ihrem traumwandlerischen Kunst- und Freundschaftsroman Johnny und Jean. Der etwas skeptisch drein blickende Typ mit Norwegermütze vorn auf dem Deckel ist Johnny. Der heißt so, weil er so gut Zigaretten drehen kann und so still wie ein Cowboy ist. Dabei wäre Johnny gern ein bisschen mehr wie Jean. Aber niemand ist so wie Jean. Außer Jean vielleicht.

Dabei kommen die Jungs beide aus demselben Kaff, bevor sie beide ihr Glück an derselben Kunsthochschule in Graz probieren. Natürlich heißt keiner dort, wo sie herkommen, wirklich „Johnny“ oder „Jean“. Aber Jean macht vor, wie das geht, sich einfach neu zu erfinden wie ein Kunstwerk: „Er hat so gut dort aufs Land gepasst, und jetzt passt er so gut hierher in die Stadt. Jetzt ist er hochgeschossen und schmal, seine Haut ist weiß, nein: blanche, und wie er jetzt spricht, naja, das hören ja alle. Er ist ein Trottel auf dem Land gewesen und ist jetzt ein Freak in der Stadt, und für beides beneide ich ihn, noch mehr: ich beneide ihn unendlich.“

Jean ist natürlich sofort an der Kunsthochschule aufgenommen und kann an seinem Œuvre weiterarbeiten. Wie ein Dach hat er seine großformatigen Bilder vor den Prüfern ausgerollt und alle sind näher an ihn heran gerückt, haben nach oben geschaut und gestaunt. Für Johnnys kleine Fische in der selbst gebastelten Mappe hat sich danach niemand mehr interessiert. Wie dumm von mir, findet Johnny und schämt sich. Er muss ein Jahr lang bis zur Aufnahme an der Akademie warten und denkt: „Jean werde ich nie mehr einholen. Der Vorsprung ist einfach zu groß.“

Ich glaube, jeder hat so einen Jean schon einmal in seinem Leben gehabt. Jemanden, den man aus der Ferne bewundert, ja, vielleicht sogar anhimmelt, mit dem man unheimlich gern befreundet wäre (in der Hoffnung, etwas von der Weltgewandheit, von der Tollkühnheit und der Begabung dieser Person möge auf einen selbst abfallen) – aber dazu müsste dieser andere einen erstmal bemerken. In Johnnys Träumen allerdings sind Jean und er die besten Buddies: Sie führen die tiefsinnigsten Gespräche im Lokal am Kai und trinken aufeinander bei einem Glas Pastis, oder zwei oder drei. Irgendwann lernen sie sich dann auch im wahren Leben besser kennen. Da muss Johnny nicht nur feststellen, dass Jean gar nicht so gern Pastis trinkt, wie er gedacht hat („er sagt auch Pastih und raucht dazu Goloah und liest dabei Dümah. Ich hab auch den Zeitpunkt verpasst, ihn darüber aufzuklären, dass er bei der Aussprache das -s dranhängen muss. Ist ja nicht weiter tragique.“), sondern auch, dass selbst so einer wie Jean Selbstzweifel und Ängste kennt.

Wäre dieser Roman ein Gemälde, dann ein Aquarell in Pastellrosa , so zart hingetupft, so sanft ineinanderfließend und blühend zwischen Realität und Phantasie ist er geschrieben. Es sind einfache, schlichte Sätze, fast kindlich im Stil, aber nicht naiv. Es ist die Welt von Johnny, in die man eintaucht, einem Tagträumer, dessen Kopf von Nixen und Unterwasserwelten bevölkert ist, einem Verzager, einem Sanftmütigen und Stauner – der noch nicht glaubt, was der Leser schon längst weiß: Johnny ist ein Künstler, aber noch ohne Selbstbewusstsein, jedoch mit diesem besonderen, unverstellten Blick auf die Dinge.

Es ist einfach rührend wie er Jeans Nähe sucht – vielleicht neidvoll, wie er selbst sagt, aber nie missgünstig oder eitel. Als Jean sich für ein Kunstprojekt einfach sechs Leinwände schnappt, die Johnny mühevoll bespannt und grundiert hat, ist Johnny nur sauer, dass er nicht beim Tragen helfen durfte und danach sogar ein wenig stolz, dass er in dem Kunstwerk mit verewigt ist. Das macht die Besonderheit dieser seltsamen Freundschaft und dieses Romans aus. Eine Freundlichkeit oder Wohlgesonnenheit wie sie heute selten ist. Und ohne zu viel zu verraten: Am Ende zeigt sich, dass das Leben der anderen nie so vollkommen ist, wie es nach außen hin scheinen mag. Neid lohnt sich also nicht, einander etwas zu gönnen aber schon.

Etwas schluffig Verträumtes findet sich auch im Sound von Jack Beauregard wieder. Für mich klingt der Roman jedenfalls wie der Song „You drew a line“…eine Linie ziehen – das hat ja auch im wortwörtlich an den Haaren herbeigezognem Sinne was mit Malerei zu tun, oder nicht? Ähhh, ja.

 

 

 

 

4 Kommentare zu “„Johnny und Jean“ von Teresa Präauer

  1. Ach, Johnny und Jean, stimmt, die waren ja auch unter meinen Herbsthighlights. Schön, endlich eine Besprechung zu diesem Roman zu finden. Noch dazu eine, die mich in meinem Wunsch, ihn zu lesen, bestärkt.

    … und, wow, was für ein toller Song! Ich wüsste, wenn ich mal zu Gast bei dir zu Hause wäre, würde ich nicht nur dein Bücher-, sondern auch dein CD-Regal durchstöbern, so feine Musik präsentierst du uns jedes Mal.

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